Was ist Circlesinging ?

Musik läßt uns Beziehungsqualitäten mit all ihren Facetten und Aspekten – ohne Umwege über das Wort und das Denken – direkt körperlich sinnlich wahrnehmen. Deshalb kann uns die Musik so tief berühren. Speziell in der Selbstwirksamkeit des Singens, weil wir dort selbst das Instrument sind. Und beim Miteinander und Aufeinander-Bezogen-Sein während des Circlesingings wird das in ganz besonderer Weise erlebbar. > WDR-Radio-Feature

Beim Circlesinging entstehen aus wenigen musikalischen Elementen vielschichtige rhythmische und harmonische Klanggebilde mit geradezu hypnotischer, aber auch erfrischend entspannender Wirkung, wie auf der CD von Bobby McFerrin > Circlesongs zu hören.

Das Circlesinging ist wahrscheinlich eine der ursprünglichsten Formen des Musizierens überhaupt. Circlesinging kann man zu zweit, zu zwanzig, zu zweihundert, oder mit wie vielen Sängerinnen und Sängern auch immer, praktizieren.

Entstehen lassen – vokalisieren – weiterentwickeln – variieren – fragen und antworten – wie beispielsweise in den traditionellen Gesängen Afrikas – mehrstimmig singen in pulsierenden Kanons – repetierend – zyklisch – relativ einfach und nachvollziehbar in Harmonik und Melodik – solieren – improvisieren – spielen …

Meine Circlesinging-Workshops und -Mitsingkonzerte richten sich sowohl an Menschen mit Gesangs-, Chor- oder Instrumentalpraxis, als auch an Menschen, mit einer bisher noch unerfüllten Sehnsucht nach mehr rhythmischer Gewandtheit und einem musikalischeren Leben im Alltag.

Einzige Voraussetzung: Als Teilnehmer solltet ihr eine kleine rhythmische Melodielinie nach mehrmaligem Zuhören mitsingen können. Dazu eignet sich dieser > Selbsttest.

Hier findet ihr die nächsten > Workshop- und Konzert-Termine

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Wir brauchen eine neue Kultur des Lernens im Chor.

Lernen braucht Zeit. – Zeit, um sich Einzulassen, Zeit zum Annehmen, Zeit zum Wahrnehmen, Zeit zum Beobachten und Hinhören, Zeit zum nochmaligen Hinhören, Zeit zum selber Ausprobieren, Zeit um Wiederholen, Zeit zum Scheitern, Zeit zum Fehler machen, Zeit für Reflektion, Zeit für neuronale Verarbeitung, Zeit für’s Sacken lassen, Zeit um sich Neues zu eigen zu machen, Zeit um sich an Ungewohntes zu gewöhnen.

In unserer heuten beschleunigten Zeit, haben wir für all das kaum noch Zeit. Zudem verspricht uns die Technik, dass alles zu jeder Zeit auf Knopfdruck möglich ist. Dabei verlernen wir, zwischen dem Möglichen und dem Machbaren zu unterscheiden.

Wir brauchen eine neue, menschengerechte und menschenwürdige Kultur des Lernens ! – Sowohl für Kinder, als auch für Erwachsene.

Wir brauchen zum Lernen die Entschleunigung – die Zeitlupe.

Die Wiederholung, die Repetierung, ist eine Form der Zeitlupe.
Sie erlaubt uns, Neues genauer und mit allen Sinnen wahrzunehmen und zu begreifen – sozusagen, „unter die Lupe“ zu nehmen, wie es zum Beispiel bei der Methode des Circlesingings ermöglicht wird, wo kleine, merkfähige Motive und Pattern im Loop gesungen werden. > https://circlesinging.wordpress.com

Wo bekommen wir in unserer gehetzten Gesellschaft noch die Chance für einen zweiten, dritten, zehnten oder gar fünfzigsten Versuch, um in gelassener Wiederholung bis hin zur trancehaften Meditation, jenseits von zielorientiertem Drang, unsere Wahrnehmung zu fokussieren, zu schärfen und daraus selbstständig Alternativen, Varianten und neue Wege jenseits unserer Gewohnheiten und Muster zu entdecken ?

Wir brauchen eine neue Kultur des Spielens für erwachsene Menschen.

Im Spiel geht es nicht um das Ziel, sondern um das Spiel selbst. Der Weg ist das Ziel. Der spielende Mensch – der Homo Ludens – vergisst die Zeit beim Spiel, beim sich sinnlich ganz auf etwas Einlassen, beim sich ganz in etwas zu verlieren. Er verliert das Gefühl, Zeit zu verlieren und gewinnt gleichzeitig Zeitlosigkeit. – Kinder sind mit dieser Fähigkeit von Natur aus gesegnet, wenn wir es ihnen nicht vorzeitig aberziehen.

Wie brauchen eine neue Kultur der Bezogenheit und Empathie.

Gemeinsames, sich wiederholendes Erleben und Erfahren in der Gruppe potenziert den eigenen individuellen Lernprozess. Dies hat nach meiner Beobachtung mit dem sich, in gegenseitiger Bezogenheit, etwas Zeigen und gemeinsam Begreifen und dem damit verbundenen Mitfühlen zu tun.

Bezogenheit gibt uns Sinn. Sinnlichkeit gibt uns Bezogenheit.
Erst sinnvolle Bezogenheit macht Lernenprozesse zum sinnlichen Genuß.

Wir brauchen eine neue Chor-Kultur.

Wir brauchen nicht noch mehr überqualifizierte, in Erhabenheit erstarrte, alles schon wissende Chorleiter, die sich hinter ihrem Klavier, wie hinter einer, vor den eigenen Gefühlen und Fehlern schützenden und sicheren Trotzburg, „verschanzen“.

Wir brauchen Chorleiter und Chorleiterinnen, die das Notenmaterial auf praktikablere Weise bereitstellen, z.B. mit dem kostenlosen Programm Musescore, um ihren Sängern und Sängerinnen eine eigenveranwortliche und effektive Probenvor- und Nachbereitung zu ermöglichen und bereit sind, sich als Chorleiter von ihrem Monopol des Noten-Kenntnis-Vorsprungs und des Vom-Blatt-Spielen-Könnens zu verabschieden. > https://musescore.org/de/download

Und wir brauchen keine ChorleiterInnen, die mantrenartig sich selbst und anderen vorbeten „das kann mein Chor nicht – das kann ich meinem Chor nicht zumuten“ und eigentlich damit meinen: „das kann ich nicht – das traue ich mir selbst nicht zu“.

Wir brauchen nicht noch mehr pädagogisch „korrekte“ GesangslehrerInnen und ChorleiterInnen, die vornehmlich auf strukturiertes lineares Lernen bedacht sind, um ihre SängerInnen dort „abzuholen“ wo sie gerade stehen. Lernen geschieht nicht linear, sondern dynamisch, zuweilen sogar chaotisch, mit destruktiven Momenten. Jeder steht woanders und jeder Lernprozess ist individuell geprägt.

In diesem Sinne brauchen wir ehr pädagogisch „unkorrekte“ Musikpädagogen und im Zweifelsfall ehr leidenschaftliche und immer wieder auf’s Neue sich selbst in Frage stellende und Entdeckungen machende Kunst-Vermittler, die die Kunst des Lernens und Spielens vormachen und vermitteln.

Wie brauchen ChorleiterInnen, die ihrer eigenen Ungeduld und dazu noch der Ungeduld ihrer ChorsängerInnen widerstehen können und statt 20 und mehr Stücke, ggf. nur 5 neue Stücke pro Jahr angehen, diese dann aber mit ihrem Chor beharrlich in klangliche Tiefe führen.

Wir brauchen Chorleiter, die einigermaßen selbst singen können – das ist landauf-und-ab gar nicht so selbstverständlich – und die sich mit ihrer eigenen Stimme und ihrer eigenen Sinnlichkeit vor ihrem Chor auf’s „Spiel“ setzen und ihre Sängerinnen und Sänger zur gemeinsamen Sinnlichkeit – ja zur musikalischen Gruppen-Erotik verführen.

Frank Ebeling
Moers, den 13. November 2017

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